Einer wie ich würde mich vom Springen auch nicht abhalten

Ein warmer Sommerabend. Auf der Dachterrasse eines Penthouse wird eine Mittsommerparty gefeiert. Der Gastgeber ist Paul Klingenberg, ein junger wohlhabender Geschäftsmann. Zu seinen Gästen gehört auch seine Exfreundin Jule. Damit sich beide auch nach dem Ende ihrer Beziehung um die gemeinsame Tochter kümmern können, lebt Jule mit dem Kind im selben Haus. Ein weiterer Gast ist Pauls Freund Ingo, der Rechtsanwalt, der die Trennungsvereinabrung für das Paar aufgesetzt hat. Eine fröhliche, ausgelassene Party scheint dieser Abend jedoch nicht zu werden. Paul palavert ausufernd über seinen Job, propagiert seine versnobte Weltanschauung und langweilt seine Gäste mit „lustigen“ Geschichten. Ingo drangsaliert er mit peinlichen Anekdoten aus der Schulzeit. Jule hat ihren überheblichen Exfreund ordentlich satt. Alles deutet darauf hin, dass die Party nur von kurzer Dauer sein wird. Bis plötzlich unerwartet zwei ungeladene Gäste auftauchen: Frau Schlegel, eine schwatzhafte ältere Dame und ein sonderbarer Mann, der kein Wort spricht und über das Geländer der Dachterrasse steigt. Ist der Mann ein Lebensmüder, ein Verwirrter? Ungeachtet dessen, wer er ist oder was er vorhat, missbrauchen ihn die Partygäste als Zuhörer für trostlose, peinliche und bizarre Geschichten aus ihrem Leben. Schonungslos entblößen die Anwesenden vor dem Unbekannten ihre Seele, ihre Biographie, ihre Lebenslügen, aber auch ihre Hoffnungen und Träume. Im Laufe dieser Sommernacht lassen sie ihren zunächst beherrschbaren Begierden freien Lauf. Jeder Protagonist erschafft auf eigene Weise das realistische Selbstbild seines Unvermögens, zwischenmenschliche Nähe zu schaffen und zu empfangen. Doch dann im Erwachen des neuen Morgens scheint plötzlich alles möglich zu sein...

Der Schweizer Dramatiker Reto Finger (*1972) erzählt in seinem Kammerstück „Einer wie ich würde mich vom Springen auch nicht abhalten“ (2006) lakonisch derb, zugleich melancholisch poetisch über die zunehmende Sprachlosigkeit und das emotionale Erkalten in unserer schnelllebigen Zeit. Es ist eine Geschichte über Menschen, deren Beziehungen nicht auf einem Gemeinschaftsgefühl basieren sondern auf egoistischen Motiven. Mit ironischer Feder beschreibt Finger wie diese Menschen in der Übernahme von sozialer Verantwortung folglich scheitern. Es ist auch die Geschichte einer Gesellschaft, die um den Zustand der Welt weiß. Doch ungerührt nimmt sie hin, dass die Welt nicht zu retten ist. Gefühle wie Empathie scheinen gänzlich verschwunden. Fernab jeglicher Selbstreflektion wird die eigene Verantwortlichkeit für Fehler stets den Anderen angelastet. Mit scharfer Beobachtungsgabe zeichnet Finger das Bild der Generation „Ich“, die voller Sehnsüchte und Träume steckt, die durchdrungen ist vom Wunsch nach Veränderung und die nicht bemerkt, dass jeder Einzelne sich selbst daran hindert, seine innigsten Wünsche wahr werden zu lassen. Dennoch lässt Finger auch für die Spezies „Generation Ich“ Hoffnung keimen...


Besetzung:
Günther Treptow:

Regie

Katja Schermaul:

Co-Regie

Matthias Brunner:

Paul Klingenberg

Dagmar Bayer:

Jule Roth

Stéphanie Jacamon:

Frau Schlegel

Andreas Nagel:

Ingo

Thomas Brune:

Wolf


Bilder:

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